Erdkugel, Gesamtverlauf der Finsternis am 26. Februar 1998Totale Sonnenfinsternis
in Curaçao

Update / letzte Änderung: 10.03.02
Ergebnisse der Beobachtung
vom Donnerstag, 26. Februar 1998

(Ottó Faragó mit Familie)

Einmal eine totale Sonnenfinsternis unter Palmen, Sonne, Strand und Meer erleben! Das ist wohl ein Traum zahlreicher Finsternisfans. Konkrete Möglichkeiten dazu wurden von Markus Kempf schon am ITT-96 geschmiedet: Curaçao, eine der sechs holländischen Antilleninseln, mit guter Infrastruktur, erschwinglichen Preisen und vor allem stabiler Wetterlage! (Neben Aruba, Bonaire und Curaçao gehören auch St.-Eustatius, Saba und St.-Maarten zu der niederländischen Inselgruppe.
Tatsächlich, die Zentrallinie verläuft anderswo meist über Wasser, nur wenig Landberührung und wenn dann auch meist über feuchttropisches Gebiet. Und Schulferien sind dann auch - wer will da zögern: Nicht's wie hin! Mit der ganzen Familie!

Um Bildmaterial zu gewinnen und für die große "süddeutsche" Sofi 1999 zu "üben", wurde Herr Martin Gertz und ich mit Reisekostenzuschuß vom Förderkreis des Planetariums Stuttgart auf die Insel geschickt. Herrn Gertz unterstützten eine ganze Reihe Sternwartenmitarbeiter, mir selbst wollte meine Familie assistieren.

Skizze der Finsternis auf der InselBereits Monate vor der Abreise wurde über die klimatischen und infrastrukturellen Bedingungen auf der Insel nachgedacht. Während die Gruppe Gertz am Nordzipfel der Insel bei Maximaldauer von 3 Minuten und 32 Sekunden mit hochauflösender, langbrennweitiger Ausrüstung, einschließlich einer kompletten Wetter- und Klimastation am offiziellen Fisterniscamp Stellung bezog, habe ich mich mit meiner Familie für das etwas abgelegene Privatgelände im Flamingopark Appartments entschieden. Hier würde ich zwar auf eine halbe Minute Totalitätsdauer verzichten, aber die scheinbare Drehung der Sonnensichel, weitab von staubiger Massenansammlung, salzhaltiger Luft, windgeschützt im Schutz der Schwimmbadmauern in naturnaher, ruhiger Umgebung, sollte sowohl das Aufnahmeprogramm durführen als auch etwas vom Naturgeschehen beobachten lassen.

Auf der Insel angekommen erschien uns diese karst und völlig ausgetrocknet. Einheimische berichteten vor Ort, daß die letzte Regenperiode (vielleicht wegen el Niño) komplett ausgefallen ist, ja an den letzten Regentag könne man sich im Juli 1997 erinnern! Jeder weiß jetzt was kommen musste: Just am Finsternismorgen erblickten Frühaufsteher eine dichte, geschlossene, bis zum Horizont reichende dunkle Wolkendecke.
pool1 Der erste Regentag seit sieben Monaten!
Aber - drei Stunden vor dem ersten Kontakt - begannen sich die Wolken wieder aufzulösen, bzw. nach Süden abzuziehen. Immer größere Wolkenlücken, die Sonne beginnt unangenehm zu brennen, die Hektik mit dem Aufbau beginnt - wir sind mitten drin...

Text pool2 Aufbau der Instrumente entlang der Nordmauer (idealer Windschutz) des Swimmingpools.
Am Eingangsbereich an der Dusche wurde eine Beobachtungsmöglichkeit für alle Anwesenden ohne eigene Ausrüstung geschaffen: Rettungsfolien wurden aufgespannt. text pool3
text pool4 Warten auf die Finsternis

Die erste Belichtung der Reihenaufnahmen beginnt um 16:40 Uhr UT, also noch bei unverfinsterter Sonne.

Mit unvorstellbarer Ausdauer belichtete Florian Faragó mit mehreren "Alte-Opa" Faltenbalgkameras. Über drei Stunden hindurch wurden in Abständen von 5 Minuten die Auslöser betätigt.

Bei zwei der vier Kameras wird wegen der starken Sonneneinstrahlung trotz Abdeckplanen ein Lichteinfall befürchtet, bei der dritten Kamera bleibt nach 10-12 Belichtungen der Lamellenverschluß hängen!

text pool5
text pool6 Meine liebe Frau, Astrid Teuscher-Faragó, kämpfte mit der Technik der beiden mechanischen Kleinbildkameras: Bei einem der beiden Gehäuse läßt sich wegen Transportschaden nur noch mit zwei undefinierbaren Verschlußzeiten arbeiten.
Mein Sohn Carsten übt die Stellung mit dem Drahtauslöser: Während der dreiminütiger Totalität soll er auf mein Komado, nachdem ich die selbstgebaute Sonnenblende auf die inneren Koronapartien positioniert habe, auf den Auslöser drücken. Stellung "B" mit 1 bis 3 Sekunden.

Damit die Dämmerungsschalter während der Finsternis nicht auslösen, wird von den visuellen Beobachtern trotz Proteste kurzerhand die zentrale Stromversorgung gekappt, bzw. die Sicherung herausgedreht. Notdürftig muss alles auf Batteriebetrieb umgestellt werden. Aber die Akkus sind schon halb erschöpft!

Das Ladegerät wird in einem Ferienhaus eigesteckt, Carsten übernimmt den "Pendelverkehr".

text pool7
Auf parallaktischer GP-Montierung (heihweise von der Fa. Foto Universal) mit motorischer Nachführung in beiden Achsen aufgebaut ist
  • Ein handelsüblicher Video 8 Camcorder mit selbstgebautem Televorsatz (Bildfeld Zoom 0.8° bis 0.3°) zur Aufnahme des Perlschnurphänomens und Bestimmung der Kontaktzeiten
  • Pentax SD HF 75x500mm (leihweise von der Fa. Foto Universal) und fokal 6x7cm Mittelformatkamera (leihweise vom Planetarium Stuttgart (Bildfelddurchmesser 55mm = 6°) zur Aufnahme der äußeren Korona mit den beiden Planeten Merkur und Jupiter auf AGFA Professional RSX 50 ASA
  • Panagor Teleobjektiv 5.6/400 mit eingebauter, zentraler Blende (Bildfeld 3.4 x 5.1°) zur gleichzeitiger Erfassung der äußeren und inneren Korona auf Kleinbildfilm Fujichrome RDP II Provia 100 ASA
  • KW-Transistorradio für Zeitzeichenempfang

text 135mm
Mit feststehender Kamera und 135mm Teleobjektiv belichtete Astrid Teuscher-Faragó die partielle Phase alle 5 Minuten. Zenit ist oben.

Beschriftung 200mm
Die beiden Planeten (oben Merkur, unten Jupiter) auf Kleinbilddia mit 200mm Teleobjektiv. Zenit ist oben.
Aufnahme: Astrid Teuscher-Faragó

Beschriftung 400mm
Um die hellen Koronapartien auszublenden wurde versucht eine Radialblende zental zu positionieren. Wegen Energieausfall und fehlender manueller Verstellmöglichkeit ist dies nicht exakt gelungen. Aufnahmezeitpunkt: 18:14:15 Uhr UT. Aufnahme: Carsten Faragó

Beschriftug Pentax 1/2 Sekunde
Besonders kontrastreich sind die Fokalaufnahmen im SD HF Pentax. Hier ein Kleinbildausschitt der 1/60 Sekunden Belichtung. Aufnahmezeitpunkt: 18:12:15 Uhr UT. Norden ist oben. Aufahme: Otto Faragó

Text pentax1
Nochmals ein Kleinbildausschnitt der Pentax-Optik, aber mit 1 Sekunde Belichtungszeit. Aufnahmezeitpunkt: 18:13:11 Uhr UT. Norden ist oben. Aufnahme: Otto Faragó

Wann begann die Sonnenfinsternis? Die heißeste Phase einer totalen Sonnenfinsternis ist immer der dritte Kontakt. Hier die letzten 60 Sekunden vor der Totalität:60 bis 14 Sekunden vor der Totalität13 - 1 Sekunden vor der Totalität
Neben den statischen Aufnahmen wurde mittels Videotechnik versucht, die Mondbewegung unmittelbar vor und nach der Totalität festzuhalten, sowie die einzelnen Kontaktzeiten zu bestimmen. Die Zeiterfassung erfolgte akkustisch durch einen Kurzwellenempfänger und Zeitzeichensender auf 15 MHz. Durch Zeitmarken auf dem Videoband konnten die Kontaktzeiten im Nachhinein ermittelt werden:

Ereignis

Zeitpunkt
(UT)

Toleranz
(s)

Beschreibung des Ereignises

1. Kontakt 16:40:47

± 2.0

Beginn der partiellen Verfinsterung, der Mondrand berührt gerade den Sonnenrand
2. Kontakt 18:11:44.5

± 0.3

Beginn der totalen Verfinsterung, auch die letzten Sonnenstrahlen werden durch die Mondtäler verdeckt
3. Kontakt 18:14:33 *

± 2.0

Ende der totalen Verfinsterung, die ersten Sonnenstrahlen werden durch die Mondtäler freigegeben

letzter
Kontakt

19:36:48

± 2.0

Ende der partiellen Verfinsterung, der Mondrand löst sich wieder vom Sonnenrand und gibt die Sonne wieder ganz frei

* Der 3. Kontakt konnte nur indirekt durch Reflektion (evtl. handelt es sich hier um eine helle Protuberanz) ermittelt werden, da es sich außerhalb vom Bildfeld befand. Damit wäre aber die Totalität mit 2 Minuten und 48.5 Sekunden knapp 14 Sekunden kürzer als die vorausberechnete Dauer mit 3 Minuten und 2 Sekunden! Nun werden Palalellmessungen anderer Beobachter gesucht.

Da der Beobachtungsort rund 40 Kilometer südlich von der Mitte des Finsternisstreifens lag, ist die scheinbare Drehug der Sonnensichel beobachtet worden: Scheinbare Drehung der Sonnensichel vor und nach der Totalität
Die Aufnahmen knapp eine halbe Minute vor und nach der Totalität.

text gps
Die geographische Position wurde mittels eines handelsüblichen GPS-Empfängers (GARMIN 45) ermittelt. Am nördlichen Mauerrand vom Swimmingpool der Flamingo Park Appartments, also unmittelbar am Beobachtungsort, konnten die geographischen Positionen (bezogen auf das geodätische Datum WGS 84) bestimmt werden:

Westliche Länge: 69° 03' 39.5" +/-10m
Nördliche Breite: 12° 13' 49.2" +/-10m

Höhe über NN:

ca. 70m

+/-30m


Danksagung:
Zahlreichen Personen möchte ich hiermit meinen herzlichsten Dank aussprechen. Ohne die Hilfestellung und Unterstützng wäre die Reise evtl. nie zustande gekommen, mit Sicherheit aber wären die Ergebnisse und die Ausbeute an Bildmaterial erheblich magerer ausgefallen. Im Einzelnen sind dies:


Freunde und Bekannte, zum Großteil Mitglieder des Vereins Schwäbische Sternwarte e.V., die auch in Curaçao weilten:
Danilo Baroni, Brigitte Benz, Monika Doberer, Jens Döblitz, Reinhard X. Fürst mit Familie, Martin Gertz, Jochen Gnamm, Michael Gutzeit, Horst Huber, Erich Karkoschka, H.-U. Keller, Markus Kempf, Andreja Kolbl, Silvia und Jürgen Kowollik, Jan Kretschner, Ulrich Lehmann mit Familie, Michael Mushardt mit Familie, Wolfgang Mühle, Wolfgang Müschelborn, Wolfgang Rühle, Werner Quehl, Petra Schmidt, Ulrich Teufel, Mareike Ziegler
Weitere Finsternisberichte aus Curaçao:


Soweit so gut. Dies sollte Ihnen eine kurze Information der Ausbeute von Familie Faragó geben.

Letzte Änderung: 27.02.10
Konstruktive Kritik wird dankend angenommen:

E-Mail:

Homepage:
http://farago.de